Dienstag, 25. Februar 2014

John Williams - Stoner

Genre: Gegenwartsliteratur
Gebundene Ausgabe: 352 Seiten
Verlag: dtv
Erscheinungsdatum: September 2013
ISBN: 978-3-423-28015-0

William Stoner, der namensgebende Titelheld von John Williams dritten Roman, wird 1891 als Sohn einfacher Farmer in das provinzielle Herz des Mittleren Westens der USA geboren. Booneville, Missouri, das bedeutet ein tristes Leben in harter Arbeit auf dem Feld, Staub, Schmutz und die unnachgiebige feste Erde, die Jahr um Jahr, Generation um Generation die Lebensgrundlage der Familie Stoner gewesen ist. Es ist ein raues, ein ärmliches Leben hier draußen und jede Saison scheinen die Ernten schlechter und schlechter zu werden. Doch mit diesem Schicksal scheint hier kaum jemand zu hadern; dafür bleibt am Ende eines harten Tages auch schlicht zu wenig Zeit. Mit dem neuen Jahrhundert wehen dann jedoch auch neue Ideen von den Städten auf das Land herüber, und so beschließt Williams Vater, den jungen und überraschten Stoner nach dessen Highschool-Abschluss auf die staatliche Universität nach Columbia zu schicken, um Landwirtschaft zu studieren und so der kleinen Farm den Weg in die Zukunft zu ebnen. Ohne Bedenken fügt sich William in sein Schicksal - ebenso, wie er es gewohnt ist. In Columbia, an der University of Missouri, begegnet Stoner dann jedoch in einem eher nebensächlichen Einführungskurs seiner großen und ewigen Liebe: der klassischen englischen Literatur, der er fortan sein Leben widmen und bis zu seinem Tod treu bleiben wird.

Und so folgt der Roman einem ganzen Leben mit all seinen großen Momenten der Wärme, aber natürlich auch der Tragik. Der Protagonist ist dabei stets alles andere als ein niedlich-trotteliger, hundertjähriger Forrest-Gump-Verschnitt, sondern vielmehr ein in sich gekehrtes und behutsames Paradebeispiel dafür, dass sich zu viel Genügsamkeit oft auf der Grenze zur Selbstaufgabe bewegen kann. "Stoner" ist nicht nur das grandiose Portrait eines Menschen, einer Ehe oder des Mikrokosmos Universität, das noch dazu eine fast unbeteiligte, jedoch auch eigenwillig traurige Perspektive auf eine der grausamsten Epochen der Menschheit, nämlich auf die erste Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts eröffnet, im Kern handelt der Roman von nicht weniger als einer unserer ganz großen Fragen: Was macht den Wert eines Lebens aus?     

Es gibt Bücher, bei denen wird einem erst klar, wie unglaublich besonders sie sind, nachdem man die letzten Zeilen gelesen und den Buchdeckel wieder zugeklappt hat. "Stoner" von John Williams ist eines dieser Bücher, die für lange Zeit nachhallen. Ebenso zart wie gewaltig, und mit einer ausgesprochen treffenden und wunderbaren Sprache ausgestattet, ist diese, in den vergangenen Jahrzehnten nahezu unbeachtete, Geschichte aus dem Jahre 1965 wahrlich ein Diamant, der nun völlig zurecht seinen Weg zurück ans Tageslicht gefunden hat. Manchmal ist es also tatsächlich gar nicht so nicht verkehrt, dem Hype zu glauben, denn "Stoner" ist nicht nur mehr als lesenswert und mitreißend, der verspätete Ruhm ist auch absolut gerechtfertigt.

Note: 1,5

  • Humor: /
  • Anspruch: 1
  • Spannung: 2
  • Erotik: 2
  • Piratenfaktor: 1

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